Schichtwechsel mit den Oberurseler Werkstätten

Ein Perspektivenwechsel für Alle

Irina

Entdeckerin & Foodie

Irina fühlt sich in den Weiten der Welt Zuhause. Ihr Herz schlägt im Takt der Wellen und zu einem neuen Foodspot sagt sie nie nein. Als Mama hat sie außerdem immer wieder Familien-Tipps für die Reise.

Am 10. Oktober 2024 fand im Rahmen des bundesweiten Aktionstages ein Schichtwechsel zwischen Ameropa und den Oberurseler Werkstätten statt. Dabei tauschten zwei der Werkstattmitarbeiter für einen Tag Ihren Arbeitsplatz mit mir, Irina, 36 Jahre alt, normalerweise als Content Marketing Specialist bei Ameropa beschäftigt. Wie ich diesen Perspektivenwechsel erlebt habe, könnt ihr hier nachlesen.

Mein Tag in den Oberurseler Werkstätten

Der Start & die Vorurteile

Als die Anfrage für die Aktion Schichtwechseln bei uns intern gepostet wurde, wollte ich direkt dabei sein. Die Oberurseler Werkstätten waren mir bereits ein Begriff, bis dahin war ich aber selbst noch nie dagewesen. Das sollte sich bald ändern.

Ich wurde sehr freundlich und offen im Bistro der Zweigstelle der Oberurseler Werkstätten empfangen und zunächst rumgeführt und vorgestellt. Ich erfahre, dass ich heute in der Küche, im Bistro und der Produktion mithelfen darf. Hier arbeiten überwiegend Menschen mit psychischen Krankheiten, aber auch Menschen mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung. Ich ertappe mich selbst damit Anfangs eine einfachere Sprache zu verwenden oder sogar lauter zu sprechen (wieso macht man das eigentlich immer?), bis mir bewusst wird, dass dies bei den Meisten absolut unnötig ist. Da wären Sie wieder, die Vorteile. Die Menschen, die mir gegenüber stehen, gleichen nicht dem Klischee aus meiner Vorstellung. Wie einer der Mitarbeiter sagt "wir haben nur Kopf, der Rest ist in Ordnung." Und so ist es auch – viele kommen vom "ersten Arbeitsmarkt" und Ihre Erkrankung sieht man Ihnen auf den ersten Blick nicht an.

Mein Vormittag im Bistro & Küche

Meine erste Station ist die Küche. Ich werde neugierig gemustert, eingewiesen und erfahre interessantes über die Arbeitsmodelle und die Laufbahnen der Mitarbeiter. Während vier Jungs oben in der Küche das Mittagessen für alle vorbereiten, darf ich mit zwei Backfeen des Hauses einen Käsekuchen backen. Hier wird im Team gearbeitet und ich lerne unter fachkundiger Anleitung noch einige Tricks. Ich bin ehrlich überrascht wie motiviert, routiniert und geistig fit meine heutigen Kollegen sind, oder könnt ihr die Rezepte und Schritte mehrere Kuchen auswendig? Wer jetzt Lust hat auch mal einen leckeren Kuchen zu probieren - das Bistro ist täglich auch für Besucher geöffnet und Kuchen gibt es sogar auf Bestellung für Zuhause.

Die Meisten aus dem Team sind bereits über 15 Jahre dort, kennen sich aus und fühlen sich wohl. Tolerant müsse man aber sein, um auf kleinen Raum und mit unterschiedlichen Behinderungen, mit einander auszukommen, meint die Gruppenleiterin.

Der Nachmittag in der Produkttion

In der Produktion herrscht geschäftiges Treiben und die Mitarbeiter sind auf Stationen verteilt. Während einige in Windeseile Pudding verpacken und auf Paletten stapeln, bekleben andere Versandkartons oder schneiden Kabel. Auch hier darf ich mit anpacken und bekomme gezeigt, wie man Kabel schneidet, isoliert und den richtigen Steckklammern zuordnet. Hierbei ist höchste Konzentration gefragt, aber dank eines Systems kann auch dieser Arbeitsschritt fehlerfrei erfolgen – und wieder bin ich sehr beeindruckt und erstaunt!

Zwischendrin darf gebastelt werden und gibt sogar eine kleine Dehn- und Fitnesseinheit die für Spaß sorgt. Es ist aber auch erlaubt sich auszuruhen oder nach einer anderen Aufgabe zu fragen. Die Gruppenleiter geben ihr Bestes, um für alle Mitarbeiter eine sinnvolle Beschäftigung zu finden.

Am Nachmittag begegne ich noch meiner Tauschpartnerin, die ganz begeistert zurückkommt und am liebsten bei Ameropa anfangen würde – nicht zuletzt wegen Bürohund Nora.

Schichtwechsel das Fazit

Ich nutze am Nachmittag noch ein paar Minuten für die Gespräche mich den Gruppenleitern und bin dankbar bei dieser Aktion mitgemacht zu haben. Für mich war es ein sehr bereichernden Tag, der durch die Nähe zu den Betroffenen weitere Vorurteile abgebaut hat. Ich nehme nicht nur schöne und wertvolle Erinnerungen und Erkenntnisse mit, sondern auch die Idee ein Austauschpraktikum in unserem Unternehmen zu initiieren, um vielleicht einige meiner neuen Kollegen wiederzutreffen.

Weitere Informationen
Was ist der Schichtwechsel?

Der Schichtwechsel ist ein bundesweiter Aktionstag, der die Inklusion und Beteiligung von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt fördern, Vorurteile abbauen und Begegnungen ermöglichen soll. Im Jahr 2024 tauschen über 4.200 Menschen mit und ohne Behinderungen Ihren Arbeitsplatz. Beide Seiten bekommen einen Tag lang Einblicke in den jeweiligen Arbeitsalltag und lernen von einander.